Gelenkstabilisation
Instabilität
Auf dieser Seite finden Sie als Patient die wichtigsten Informationen zu diesem Eingriff.
Ihr Spezialist für diesen Eingriff
PD Dr. med. Florian Hess
Facharzt Orthopädie und Traumatologie des Bewegungsapparates und Facharzt Chirurgie, FMH
Kurzübersicht
Ablauf der Behandlung:
Patientenbroschüre
Operationsgrund
Was versteht man unter einer Schulterluxation?
Bei einer Luxation oder Ausrenkung des Schultergelenks kommt es zu einem Auskugeln des Oberarmkopfes aus der Gelenkpfanne (Glenoid). In den meisten Fällen luxiert der Kopf aus der Pfanne nach vorne unten (vordere Schulterluxation), seltener nach hinten (hintere Schulterluxation). Die Reposition (Wiedereinrenkung) des Gelenks erfolgt meist auf einer Notfallstation unter Schmerzmittelgabe oder manchmal auch in einer kurzen Narkose.
Gesunde Schulter
Ausgekugelte Schulter
Welche Strukturen können bei einer Luxation verletzt werden?
Man unterscheidet zwischen Verletzungen auf Seiten des Oberarmkopfes (Humerus) und auf Seiten der Gelenkpfanne (Glenoid). Diese können isoliert, oft aber auch kombiniert auftreten. Der Oberarmkopf kann bei der Luxation durch die scharfkantige Gelenkpfanne eingedrückt werden (Hill-Sachs-Delle). Dieser Defekt kann im Folgenden eine erneute Luxation begünstigen.
Zudem kann es zu einer Überdehnung oder sogar zum Ausreissen der Kapsel vom Oberarm kommen. Am Glenoid kann die Luxation ein Abscheren der knorpeligen Gelenklippe, des sogenannten Labrums oder sogar einen Bruch des knöchernen Pfannenrandes bewirken. Man nennt diese Verletzungen auch Bankartläsionen.
Begleitend kann es zu einer Verletzung oder Überdehnung von Gefässen und Nerven kommen. Auch Verletzungen der Sehnen der Rotatorenmanschette oder der langen Bizepssehne sind möglich.
Was versteht man unter einer Schulterinstabilität?
Infolge einer oder wiederholter Schulterluxation kann es zu strukturellen Verletzungen kommen, die zu einer anhaltenden Instabilität des Gelenkes mit wiederholten Luxationen führen kann. Diese Rezidivluxationen treten dann zum Teil sogar bei alltäglichen Bewegungen und ohne eigentliches Trauma auf. In manchen Fällen ist eine Schulterinstabilität bei sogenannt laxen Kapselbandverhältnissen oder auch durch Veranlagung bedingt.
Wie äussert sich eine Schulterinstabilität?
Bei einer Instabilität kommt es zu einer verminderten Belastbarkeit des Gelenkes aufgrund von Schmerzen bei bestimmten Bewegungen oder bei belastenden Tätigkeiten. Zum anderen können das Gefühl der Instabilität und die Angst vor einer erneuten Luxation ein Vermeidungsverhalten auslösen. Dies führt dann häufig zu Einschränkungen im Alltag, aber auch bei der Arbeit und v. a. bei sportlichen Aktivitäten.
Operation
Muss eine instabile Schulter operiert werden?
Oft stabilisiert sich ein Gelenk nach einer erstmaligen Luxation im Rahmen des Heilungsprozesses selbst wieder. Je jünger der Patient und je häufiger das Gelenk bereits luxiert ist, desto unwahrscheinlicher ist diese Selbstheilung jedoch.
Initial kann praktisch immer der Versuch einer konservativen Therapie unternommen werden, mit kurzfristiger Ruhigstellung und anschliessender Physiotherapie.
Bei anhaltender Instabilität und je nach Ausmass der Verletzung sollte eine operative Stabilisation des Gelenkes erfolgen. Selten, z. B. bei einer knöchernen Verletzung infolge der Luxation, muss eine Schulter wegen Instabilität notfallmässig operiert werden.
Wie verläuft die Operation?
Hier unterscheidet man im Wesentlichen zwei Operationsmethoden: einen Weichteileingriff und eine Knochenblockprozedur:
Weichteilstabilisation
Die Weichteilstabilisation wird in der Regel arthroskopisch durchgeführt. Dabei wird die abgelöste Gelenklippe wieder auf den Pfannenrand reponiert und fixiert; man nennt dies Bankartrepair oder Labrumrefixation. Zumeist erfolgt gleichzeitig eine Raffung oder Refixation der überdehnten oder gerissenen Gelenkkapsel. Dabei werden Fadenanker verwendet, die in den Knochen eingebracht werden.
Je nach Typ der Luxation betrifft dies das vordere oder hintere Labrum, es können auch beide betroffen sein.
Verletztes Labrum (Bankart Läsion)
Arthroskopische Labrumrefixation mit Ankern
Refixiertes Labrum
Knochenblockprozedur
Bei einem grösseren Knochendefekt an der Gelenkpfanne oder wenn wegen bestimmter Begleitfaktoren das Risiko besteht, dass eine reine Weichteilstabilisation versagt, empfiehlt sich eine Knochenblockprozedur.
Bei der sogenannten Stabilisation nach Latarjet wird ein gelenknaher Knochenvorsprung (Coracoid) mitsamt anhängender Sehne auf den vorderen unteren Pfannenrand versetzt und dort mittels Schrauben fixiert, um den knöchernen Defekt auszugleichen.
Zusätzlich dient die mitversetzte Sehne quasi als Sicherheitsgurt und wirkt ebenfalls einer erneuten Luxation entgegen.
Als eines der wenigen Zentren in der Schweiz bieten wir die Stabilisierung mittels Knochenblock auch minimalinvasiv an. In diesem Fall wird ein Knochenblock vom Becken verwendet.
Knöcherner Defekt
Glenoid nach Knochenblockfixierung (Latarjet Procedur, minimalinvasiv)
Glenoid nach Knochenblockfixierung (Latarjet Procedur, offene Operation)
Nachbehandlung
Wie geht es nach der Operation weiter?
Ruhigstellug/Mobilisation
Je nach angewendeter Technik und Ausmass der Rekonstruktion wird das Schultergelenk nach der Operation in einer Armschlinge (Mitella) oder einer 0°-Rotationsschiene für 4–6 Wochen ruhiggestellt.
Anschliessend werden, abhängig von der gewählten Operationstechnik, Beweglichkeit und Belastung schrittweise ausgebaut.
Sport
Leichtere sportliche Aktivitäten unter Einbezug der Schulter sind frühestens nach 2 Monaten, Kontakt- und Überkopfsportarten nach ca. 4 Monaten wieder möglich, je nach gewählter Operationstechnik.
Arbeitsunfall
Die Arbeitsunfähigkeit kann je nach Ausmass der Operation und Art der Tätigkeit zwischen ca. 6 Wochen und 6 Monaten variieren.
Risiken und Komplikationen
Was sind die Risiken einer Schulterarthroskopie?
Jede Operation birgt gewisse Risiken und kann zu Komplikationen führen. Allerdings sind diese bei arthroskopischen Eingriffen relativ gering. Was dies bei einem Eingriff zur Stabilisation des Schultergelenks bedeutet, wird im Folgenden erläutert.
Infektion/Einblutung
Zu den allgemeinen Operationsrisiken gehören Infektionen (< 1 %) und Einblutungen (Hämatome).
Nervenverletzung
Durch den Zug am Arm während der Operation kann es zu Nervenverletzungen kommen; im Rahmen der Anästhesie oder (seltener) durch Instrumente (< 1 %). Solche Verletzungen können zu temporären Gefühlsstörungen und Schwäche führen.
Das Risiko einer Nervenverletzung (Nervus axillaris) ist bei der Technik nach Latarjet etwas höher als bei der reinen Weichteiltechnik.
Schultersteife
In etwa 5 % der Fälle bildet sich eine Schultersteife (reaktive Capsulitis). Dies ist eine Erkrankung, die zumeist bei einer gewissen Prädisposition auftritt, nahezu immer selbstlimitierend verläuft, aber zu einer Verzögerung der Rehabilitation führen kann.
Materialversagen/Rezidiv
Bei einer arthroskopischen Stabilisationsoperation besteht das Risiko einer Lockerung der Fadenanker und die Gefahr der Ausbildung einer Rezidivinstabilität mit erneuter Luxation (ca. 5–20 %).
Bei der Methode nach Latarjet kann es zu Materialversagen mit Lockerung der Schrauben oder Bruch des Knochenblocks kommen. Eine Rezidivinstabilität ist hingegen weit seltener (2–5 %).
Bewegungseinschränkung
Eine Folge der Stabilisationsoperation kann eine leichte Einschränkung des endgradigen Bewegungsumfangs, vor allem der Aussenrotation sein.
Gelenkarthrose
Bei einer Schulterinstabilität ist, mit oder ohne operative Behandlung, das Risiko erhöht, dass sich später eine Schultergelenkarthrose ausbildet.
Erfolgsaussichten
Sowohl die arthroskopische als auch die offene Stabilisation zeigen gute Erfolge.
In > 90 % der Fälle wird wieder eine gute subjektive Stabilität erreicht.
Wie erwähnt ist das Risiko einer Rezidivinstabilität bei den arthroskopischen bzw. den Weichteil-Stabilisationen etwas höher.
Generell erzielen beide Techniken aber gute klinische Resultate und eine hohe Patientenzufriedenheit.